Eine Besteigung der Zugspitze im Oktober? Zugegeben: Es gibt erfolgversprechendere Ideen. Denn das Wetter im Oktober kann schon mal so umschlagen, dass man sich im Schnee wiederfindet. Doch so wie man Feste feiert, wie sie fallen, bewandert man manchmal eben auch Berge, wie gerade der Urlaub fällt. Eine Woche in der Zugspitzregion also. Und wo man dort auch geht und steht, der höchste Gipfel Deutschlands ist quasi allgegenwärtig: Entweder wandert man in seinem Schatten oder genießt den spektakulären Blick hinauf. Nach einigen Tagen kann man sich dem Gefühl nicht mehr entziehen: „Der Berg ruft!“ – nein, der Gipfel! IndenBergen-Autorin Lisa ist dem Ruf gefolgt – und in die Knie gegangen.
Vorbereitung: Welche Route wähle ich auf die Zugspitze?
Die Zugspitze lässt sich über verschiedene Routen erklimmen. Ein spektakuläres Erlebnis für erfahrene Bergsteiger verspricht die Besteigung durch die Höllentalklamm, vorbei an der Höllentalangerhütte weiter über den Höllentalferner-Gletscher. Klettersteigset und Steigeisen sind hier ein Muss. „Ich bin zwar verrückt – aber nicht so verrückt!“ dachte ich mir. Ein Versuch startend von der Zugspitzbahn-Talstation über die Wiener-Neustädter Hütte schien mir vernünftiger. Akribisch klickte ich mich in den Wochen vor meiner Mission durch verschiedene Wetterbericht-Seiten. Ich schien Glück zu haben. Im Laufe meiner Wanderwoche sollten die Temperaturen bis zu 18 Grad erreichen und Niederschlag war nicht zu erwarten. Mein Herz schlug höher.
Start: Der Eibsee
Doch als ich am Tag X aus dem Bus stieg, begrüßten mich dunkle, tiefhängende Wolken über dem Eibsee, dem Ausgangspunkt meiner Wanderung. Eine kühle Brise streifte mein Gesicht. Erste Zweifel machten sich breit. Bringen die Wolken Regen oder Schnee? Werden die Brise zu Böen? Schnell schüttelte ich die Bedenken ab und machte mich entschlossen auf den Weg. Ich ließ den Eibsee hinter mir und lief zwischen der alten und neuen Talstation der Zugspitzseilbahn hindurch in Richtung Wald. Hier traf ich auf meine Route: Zunächst würde ich dem Weg hinauf zur Zugspitzbahn-Station Riffelriß folgen.
Bergan: Immer der Skipiste nach
Schnell erreichte ich eine breite Schneise im dichten Grün der Bäume: Die Skipiste, die von der Zahnradbahnstation Riffelriß ins Tal führt. Ein Regentropfen landete in meinem Gesicht. Kurz darauf gesellten sich weitere hinzu. Zu meinem Glück verlief der erste Teil des Weges im Wald, am Rande der Skipiste. In fröhlich mäandernden Kurven stapfte ich bei angenehmer Steigung über den weichen Waldboden bergan. Mittlerweile prasselte der Regen munter hinab, doch der treue Nadelbaumbestand hielt mir die Nässe größtenteils vom Hals. Ich begann neuen Mut zu schöpfen: Der Berg schien es heute gut mit mir zu meinen.
Die Versuchung: Vorbei an der Zahnradbahnhaltestelle und über die Grenze
Die idyllische Geborgenheit unterm Blätterdach fand nach etwa 40 Minuten Anstieg ein jähes Ende. Der Wanderweg ging in die Skipiste über. Ich war der Witterung ausgesetzt. Trotzig, und mit großem Vertrauen in meine Regenjacke, ging ich weiter. Im monotonen Rhythmus meiner Schritte und des eisern fallenden Regens lief ich mich in eine grimmige, entschlossene Trance. Bald hatte die Nässe meine Jacke durchweicht – und nur wenige hundert Meter entfernt entdeckte ich die Haltestelle Riffelriß. Ein kurzer Moment der Schwäche, eine Idee – aber nein! Entweder ich erklimme die Spitze zu Fuß, oder gar nicht! Vorbei an den Grenzsteinen der Deutsch-Österreichischen Grenze setzte ich meinen Weg fort.
Das Scheitern: Über der Baumgrenze
Mit zunehmender Höhe wurden die Sträucher immer kleiner. Ich lief auf Geröll. Die Wolken um mich herum veränderten ihre Form in atemberaubender Schnelligkeit. Meine Befürchtung vom Morgen war eingetroffen: Die Brise hatte sich zu einem starken Wind entwickelt, der von allen Seiten an mir zog. Plötzlich: eine besonders starke Böe, die die erste Ladung Hagel bereithielt. Da stand ich nun, in einem fünfminutigen Hagelschauer, zwischen Berg- und Wolkenwand, und musste mir eingestehen: Mein Gemüt war so durchweicht wie meine Kleidung. Den Gipfel würde ich heute nicht mehr erreichen. Irgendwo über der Baumgrenze habe ich meinen Ehrgeiz zurückgelassen und auf die Vernunft gehört. Ernüchtert trat ich den Abstieg an.
Praktische Informationen zur Zugspitzregion
Der Berg ruft! Aber nicht immer muss man gleich den Gipfel erstürmen. Die Region rund um die Zugspitze hält für Besucher verschiedenster Interessen einiges bereit. Auf über 1200 km Wanderwegen, 1000 km Mountainbikestrecken und 1100 km Radwegen ist für jeden Outdoor-Sportler etwas dabei. Besonders abenteuerliche Wanderungen bieten die Höllental- und Partnachklamm. Die Flora und Fauna der Region kann man im Naturschutzgebiet Mittenwalder Buckelwiesen oder im Murnauer Moos, dem größten zusammenhängenden Moorgebiet Mitteleuropas, erkunden. Mittenwald lockt mit dem höchstgelegensten Naturinformationszentrum Deutschlands und seiner Geigenbauertradition. In Oberammergau finden alle zehn Jahre die weltberühmten Passionsspiele statt.